Das EEG – Ein Erfolgsmodell mit Reformbedarf

Das Jahrhundertprojekt Energiewende stellt sowohl die Politik als auch die Bürger in Deutschland gegenwärtig vor große Herausforderungen. Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011 wurde der Kurs zum Atomausstieg im Eilverfahren vom Bundestag beschlossen. Die Umsetzung der Energiewende wirft in der Praxis aber noch grundlegende Fragen auf: Wie lässt sich der Umstieg auf grüne Energiequellen möglichst wirtschaftlich und sozial verträglich herbeiführen? Wer trägt die Milliardenkosten, die das „Großprojekt” unweigerlich mit sich bringt? In diesen Fragen ist nun das verantwortungsvolle Handeln von Volksvertretern und von engagierten Bürgern gefragt.

Das EEG als Fahrplan der Energiewende

Den politischen Rahmen der Energiewende bildet das im Jahr 2000 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das EEG verfolgt das Ziel, eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung in Deutschland zu realisieren. Dazu regelt es die Förderung regenerativer Energietechnologien wie Windkraft, Photovoltaik und Biomasse, um klimaschädliche Kohlekraftwerke und die unkontrollierbare Atomkraft auf Dauer schrittweise abzulösen. Bis 2020 sollen 35 Prozent der erzeugten Stromleistung aus erneuerbaren Energiequellen stammen, so sieht es das EEG vor. 2012 waren es immerhin schon 23 Prozent. Damit ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die politischen Mechanismen des EEG unter ökologischen Aspekten bereits bewährt haben. International hat das deutsche Modell viele Nachahmer gefunden. Allein 19 der 27 EU-Länder haben die Funktionsweisen des EEG in eigenen Gesetzen zur Energiewende umgesetzt, darunter die Niederlande, Frankreich und Spanien.

Das EEG schafft Planungssicherheit – und hohe Strompreise

Im Kern zielt das EEG darauf ab, Anreize für die Errichtung erneuerbarer Energieanlagen zu schaffen, indem es den Betreibern solcher Anlagen über einen langen Zeitraum hinweg feste Einspeisevergütungen garantiert. Dadurch soll es in erster Linie ökonomische Planungssicherheit schaffen. Eine jährliche Absenkung der Vergütungssätze soll langfristig zur Entwicklung effizienter und kostengünstiger Energietechnologien führen. Allerdings werden die Mehrkosten der ökologischen Stromerzeugung über die EEG-Umlage direkt an die Endverbraucher weitergegeben, was mitunter der Grund für den kontinuierlich ansteigenden Strompreis in Deutschland ist. Seit dem Jahr 2000 hat sich dieser fast verdoppelt. Trotz dessen hat sich das EEG bislang grundsätzlich als wirksames Instrument erwiesen, um die Energiewende bewerkstelligen zu können. Darüber ist sich ein Großteil der Experten einig. Jedoch steht die energiepolitische Arbeit der aktuellen Bundesregierung dauerhaft in der öffentlichen Kritik. Es werden vermehrt Rufe nach einer umfassenden Reform des EEG laut, die den Kurs der Energiewende politisch festigt und vor allem einen strukturierteren Ausbau regenerativer Energien ermöglichen soll.

Die Energiewende erfordert eine bessere politische Steuerung

Ein wesentlicher Kritikpunkt lautet, dass das EEG zwar die Förderung erneuerbarer Energietechniken vorantreibe, es aber an einer koordinierten Steuerung des Ausbaus mangele. So kommt es beispielsweise dazu, dass fertiggestellte Offshore-Anlagen vor der norddeutschen Küste keinen Strom ins Netz einspeisen können, weil die notwendigen Anschlussleitungen nicht fertiggestellt sind. Derartige Planungsfehler bei der Energiewende sind teuer, aber leider kein Einzelfall. Ebenfalls brisant ist die Frage der Energiespeicherung. Hier sollte das EEG parallel zur Förderung ökologischer Energiegewinnung Anreize zum Ausbau notwendiger Speichertechnologien, beispielsweise in Form von Pumpspeicheranlagen oder Power-to-Gas, schaffen. Zudem müssen Konzepte für flexible Ausgleichstechnologien her, die die Stabilität der Stromversorgung sicherstellen, wenn keine Sonne scheint und die Windräder stillstehen. Für die Übergangsphase bieten sich hier vor allem moderne Gaskraftwerke mit hohem Wirkungsgrad an, die Energie flexibel nach Bedarf erzeugen. Braunkohlekraftwerke und Atommeiler können hingegen in Zukunft keine Alternativen sein.

Groteskerweise ist es aber ausgerechnet die luftverpestende Braunkohle, die durch die Energiewende einen fragwürdigen Aufschwung erfahren hat. Braunkohlestrom – ebenfalls subventioniert – ist in der Produktion konkurrenzlos günstig und nach Ansicht vieler Politiker zur Sicherung der Stromversorgung für die nächsten Jahre unabdingbar. So prognostiziert die Bundesnetzagentur, dass die aus Braunkohle produzierte Strommenge bis 2022 fast konstant bleiben wird. Davon profitieren vor allem die großen Energieunternehmen. Für die Verbraucher führt das Überangebot an billigem Braunkohlestrom hingegen paradoxerweise zu höheren Strompreisen, da der Börsenstrompreis dadurch sinkt und die EEG-Umlage, als Differenzbetrag zwischen Börsenpreis und garantiertem Vergütungssatz, somit zwangsläufig ansteigt. Zudem wird das eigentliche Ziel der Energiewende, nämlich die Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase, bei diesem politischen Kurs gänzlich aus den Augen verloren. Das Fehlen von Vorgaben seitens der Politik führt langfristig zu einer unkoordinierten Überproduktion an Strom. Die Kosten für den dadurch notwendigen Netzausbau werden ebenfalls auf den Endverbraucher abgewälzt, was den Strompreis weiter in die Höhe steigen lässt. Hier liegen gravierende politische Fehlsteuerungen vor, die in einer Novellierung des EEG korrigiert werden müssen.

Garantierte Vergütung oder Quote?

Grundsätzlich steht zur Diskussion, ob das Vergütungsmodell des EEG tatsächlich das geeignetste Instrument für die Umsetzung der Energiewende darstellt. Kritiker schlagen stattdessen ein marktliberales Quotenmodell vor, das beispielsweise in Schweden erfolgreich Anwendung findet. Hierbei würden die Preise für Strom aus erneuerbaren Energien nicht staatlich festgelegt, sondern nach den Regeln der freien Marktwirtschaft gebildet. Nicht der Weg, sondern lediglich das Ziel, also eine zu erfüllende Ökostromquote, würde den Energieproduzenten gesetzlich auferlegt. Quotenmodelle lassen jedoch genau jene langfristige Investitionssicherheit vermissen, die für einen nachhaltig erfolgreichen Umschwung in der Energieversorgung notwendig ist.

Wer zahlt den Preis für die Energiewende?

Die Energiewende hat längst auch eine soziale Dimension angenommen. Für Endverbraucher steigen die Stromkosten immer weiter an, während industrielle Großverbraucher weitgehend von der EEG-Umlage ausgenommen sind, um im globalisierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, so die politische Begründung. Der Schutz der heimischen Großindustrie hat sicherlich auch seine wirtschaftliche Berechtigung. Warum aber ausgerechnet die energieintensivsten Unternehmen darum herumkommen sollen, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten, ist den deutschen Bürgern nur schwer zu vermitteln. Dieser politische Kurs der Bundesregierung belohnt Energieverschwendung und schafft für die Industrie keinerlei Anreiz, die Entwicklung effizienterer Produktionstechnologien in Angriff zu nehmen.

Wie aus einem kürzlich öffentlich gewordenen Bericht der EU-Kommission hervorgeht, wurden erneuerbare Energien im Jahr 2011 in der EU mit 30 Milliarden Euro aus Steuergeldern gefördert. Deutlich höher fielen hingegen die staatlichen Subventionen für Atomstrom und fossile Energieträger aus, die mit insgesamt rund 100 Milliarden Euro bezuschusst wurden. Anders als bei den herkömmlichen Energien wird der Endverbraucher aber bei der Energiewende durch die EEG-Umlage extrem belastet. Eine gerechtere Lösung wäre es, die Subventionen für Atom- und Kohlestrom langfristig auf die regenerativen Energien umzuverteilen und die Industrie stärker an den Kosten der Energiewende zu beteiligen. Dadurch würde die gefühlte soziale Ungerechtigkeit der Finanzierung ein Stück weit ausgeglichen und die Akzeptanz für die Energiewende in der Bevölkerung gefördert.

Fazit

Der Ansatz des EEG, ein ökonomisches Anreizsystem für grüne Energien zu schaffen, hat sich bislang weitgehend ausgezahlt. Die Weichen in Richtung Energiewende sind gestellt und wesentliche Hürden wie der Atomausstieg sind bereits genommen. Für eine erfolgreiche Fortsetzung der Energiewende erfordert es nun aber strategische Reformen. Hierbei sollte ein besonderes Augenmerk auf die durchdachte Steuerung der weiteren Ausbaustufen gelegt werden. Das gilt neben dem Ausbau von Energieanlagen insbesondere auch für den Netzausbau und die Schaffung von Energiespeichern. Zudem muss die Politik gerechtere Lösungen für die Verteilung der anfallenden Kosten finden. Hier sollte auch die Wirtschaft einen zumutbaren Anteil übernehmen. Nur wenn die Politik diesen Handlungsbedarf erkennt, lässt sich die Energiewende erfolgreich meistern. Das Vergütungsmodell des EEG hat den gewünschten Impuls zum Ausbau erneuerbarer Energien gegeben und dem Wirtschaftszweig der nachhaltigen Energieunternehmen in Windkraft, Photovoltaik und Biomasse zu einem regelrechten Boom verholfen. Durch eine strategische Reformierung des EEG unter Beibehaltung des bewährten Vergütungsmodells ist in der Branche auch in den kommenden Jahrzehnten mit einem stabilen Wachstum zu rechnen.

2 Comments

  1. fujifilm
    5. November 2013

    „Für die Übergangsphase bieten sich hier vor allem moderne Gaskraftwerke mit hohem Wirkungsgrad an, die Energie flexibel nach Bedarf erzeugen.“

    „Groteskerweise ist es aber ausgerechnet die luftverpestende Braunkohle, die durch die Energiewende einen fragwürdigen Aufschwung erfahren hat.“

    Erhöht man den Preis für die CO2-Zertifikate wieder auf den Stand von Mitte 2008, also auf 30€/T (aktueller Preis <10€) dann lohnen sich Gaskraftwerke wieder mehr und der Strom aus Braunkohle wird teurer. Es muss also – um diese beiden Probleme zu lösen – nicht zwangsweise etwas am EEG geändert werden.

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  2. Michael Brey
    5. November 2013

    Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Eine strenge Verknappung der CO2-Zertifikate würde sicherlich dazu führen, dass die Braunkohle nicht mehr so rentabel wäre, wie sie es im Moment für die Energieversorger ist. Nur mit einem wirksamen Emissionshandel lässt sich langfristig auch der CO2-Ausstoß reduzieren. Dieses grundlegende Problem muss auf EU-Ebene gelöst werden.

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