

Das Jahr 2019 könnte als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Menschen begriffen haben, dass sie ihren Planeten ruinieren – vermutet zumindest der verantwortliche Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Phillip Eppelsheim. Die Tatsache, dass die Umweltaktivistin und Begründerin der Fridays-for-Future-Bewegung, Greta Thunberg, vom Time Magazine zur Person des Jahres 2019 gekürt wurde, zeugt von einem gesteigerten Umweltbewusstsein in Medien und Gesellschaft. Gleichzeitig verdeutlichen die aktuellen Schlagzeilen zu den verheerenden Waldbränden in Australien, aber auch die sonstigen Ausmaße des Klimawandels den Handlungsbedarf in aller Dringlichkeit. Gerade zu Beginn des neuen Jahres überdenken daher viele Menschen ihren eigenen Lebensstil und fragen sich, wie sie ihren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten können. Doch was genau bedeutet das eigentlich, “seinen Beitrag zu leisten”? Kann man messen, wie nachhaltig man handelt oder ob man über seine Verhältnisse lebt? Die Antwort lautet: Ja, das kann man – mit Hilfe des ökologischen Fußabdrucks.
Berechnung des ökologischen Fußabdrucks
Der ökologische Fußabdruck ist ein Rechenmodell, welches 1994 von den Wissenschaftlern Mathis Wackernagel und William E. Rees entwickelt wurde und das sich auf jedes Land sowie jede Person anwenden lässt. Das Konzept stellt Angebot und Nachfrage gegenüber. Auf der Angebotsseite stehen all die Flächen, die uns auf der Welt zur Verfügung stehen wie z. B. Wälder, Meere, Wüsten, Steppen, Straßen oder Städte. Das Ergebnis entspricht der Biokapazität der Erde. Auf der Nachfrageseite wird berücksichtigt, wie viel Biokapazität wir Menschen nutzen und wie viel die Umwelt verarbeiten muss. Die Einheit in diesem Buchhaltungssystem ist die biologisch produktive Fläche, gemessen in „globalen Hektar“ (gha).
Weltweit stehen uns pro Jahr 1,7 gha pro Person zur Verfügung. Der Verbrauch liegt allerdings im globalen Durchschnitt bei 3,3 gha. Das bedeutet also, dass wir die Natur so intensiv nutzen, als ob wir 1,6 Planeten Erde zur Verfügung hätten. Betrachtet man nur die Bürger Deutschlands, sind die Zahlen noch schockierender – wir verbrauchen 3,3 mal so viele natürliche Ressourcen, wie uns eigentlich zur Verfügung stehen. Während die Nachfrage steigt, nimmt das Angebot ab – diese Rechnung geht nicht für immer auf. Höchste Zeit also, auf kleinerem Fuß zu leben und seinen Beitrag zu leisten.
Zusammensetzung des ökologischen Fußabdrucks
Die Biokapazität, die jeder einzelne von uns nutzt, setzt sich aus vielen Faktoren zusammen. Egal ob beim Einkaufen, Essen, zuhause oder auf dem Weg zur Arbeit – wir beanspruchen die Natur jeden Tag, jede Minute.
Über ein Drittel des ökologischen Fußabdrucks in Deutschland wird der Ernährung zugeschrieben. Vor allem tierische Produkte und die Massentierhaltung beanspruchen die Natur stark. Besonders problematisch ist dabei der hohe Fleischkonsum. Rund 60 Kilogramm Fleisch verzehrten wir Deutschen im vergangenen Jahr – davon pro Kopf über 35 Kilogramm Schweinefleisch, gefolgt von Geflügel und Rind. Während die heimische Nachfrage nach Geflügel nur durch zusätzlichen Import gedeckt werden kann, wird Schweinefleisch im Überfluss produziert. Der Selbstversorgungsgrad über alle Fleischarten hinweg liegt hierzulande derzeit bei 115 Prozent – das bedeutet, dass die Landwirtschaft immer noch auf den Export sowohl von lebenden Tieren als auch von Fleisch getrimmt ist, was die Natur zusätzlich zum inländischen Konsum belastet. Hinzu kommt die landwirtschaftliche Fläche, die für den Anbau von Futtermitteln genutzt wird – und das nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in Südamerika, wo auf gerodetem Land gentechnisch verändertes Soja gedeiht. Wenngleich tierische Produkte und speziell der Fleischkonsum besonders viel Biokapazität beanspruchen, vergrößern wir auch durch andere Lebensmittel und Essgewohnheiten den ökologischen Fußabdruck: sei es durch den Import von Obst und Gemüse aus aller Welt, durch die Pizza, die uns vor die Haustür geliefert wird oder durch doppelt verpackte Produkte, die Unmengen an Müll verursachen.
Denn nicht nur die Herstellung von Lebensmitteln, sondern auch der Umgang mit ihnen und ihren Verpackungen beeinflusst unseren ökologischen Fußabdruck. Weltweit kommt derzeit eine Abfallmenge von rund zwei Milliarden Tonnen pro Jahr zusammen. In Europa werden beispielsweise nur 30 Prozent aller Abfälle recycelt, im Rest der Welt noch weniger. Diese große Menge kommt nicht nur durch Plastik und andere Verpackungsmaterialien zustande, sondern auch durch Lebensmittel – fast 13 Millionen Tonnen davon landen jährlich in den Mülltonnen der Deutschen.
Mit 25 Prozent hat das Wohnen den zweitgrößten Anteil am ökologischen Fußabdrucks Deutschlands, was vor allem durch die Heizenergie hervorgerufen wird. Obwohl Wohneigentümer mehr in die energetische Sanierung ihrer Wohnungen investieren und beispielsweise Dächer und Fassaden dämmen oder Fenster und Türen austauschen, ist der Heizenergieverbrauch in Deutschland in den vergangen Jahren leicht gestiegen. Neben dem Heizverhalten sind auch weitere Faktoren im Bereich „Wohnen“ relevant, etwa, ob man in einer Wohngemeinschaft oder allein lebt, wie die Wohnung eingerichtet ist, wie viel Wasser verbraucht und wie viel Müll produziert wird.
Einen weiteren wesentlichen Bestandteil des persönlichen ökologischen Fußabdrucks bildet das Thema Mobilität. Egal ob mit dem Auto, öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß – mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten, von A nach B zu kommen. Trotz neuer Alternativen wie E-Scootern, E-Bikes oder Carsharing bleibt das eigene Auto das beliebteste Verkehrsmittel der Deutschen. Im Sinne eines kleinen ökologischen Fußabdrucks ist das allerdings nicht. Bei einer durchschnittlichen Auslastung von 1,5 Personen stößt ein Pkw 139 g CO2 pro Person und Kilometer aus. Wenig überraschend – am klimafreundlichsten ist und bleibt es, zu Fuß unterwegs zu sein oder sich mit dem Fahrrad fortzubewegen. Bei größeren Entfernungen gilt der Reisebus mit 32 g pro Person und Kilometer als sauberstes Verkehrsmittel.
Tagtäglich beanspruchen wir die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen und vergrößern damit das ökologische Defizit, daher sollten wir nicht bis zum nächsten Jahreswechsel warten, um unsere Gewohnheiten zu hinterfragen und uns neue Vorsätze zu überlegen. Wir haben nur diese eine Erde, ihre Ressourcen sind endlich – unsere Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun, hingegen nicht. Um den eigenen ökologischen Fußabdruck nachhaltig zu verringern, sind allerdings nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Regierungen, Konzerne & Co. gefragt, denn einige Entscheidungen werden uns schlichtweg genommen oder für uns getroffen. Dennoch kann man seinen Beitrag leisten, denn den persönlichen ökologischen Fußabdruck kann man direkt beeinflussen – indem man seinen Lebensstil hinterfragt und ändert.
In Kürze erfahren Sie im zweiten Teil unserer Artikelreihe, wie es Ihnen gelingt, ökologisch auf kleinerem Fuß zu leben und welche innovativen Lösungen Ihnen dabei helfen können.