Econeers-Chef Johannes Ranscht: „So definieren wir Nachhaltigkeit“

Endlich! Ende Juni hat sich die große Koalition auf den Kohleausstieg bis spätestens 2038 geeinigt. Das Parlament verabschiedete außerdem ein Gesetz, das Hilfen von 40 Milliarden Euro für die Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg vorsieht. Für viele kam diese Entscheidung allerdings zu spät. Vor dem Hintergrund, dass der amerikanische Präsident den Klimawandel immer noch leugnet und China aktuell in Kohlekraft investiert, war die Einigung längst überfällig und global gesehen ein wichtiges Zeichen, damit Deutschland seiner Vorreiterrolle in Sachen Klimapolitik gerecht wird. Auch privat wollen viele etwas tun, um die Ökologiewende voranzutreiben. Dabei rücken nachhaltige Geldanlagen immer mehr in den Fokus. Doch viele fragen sich: Was genau heißt eigentlich nachhaltig? Für Econeers ist das eine klare Sache. Im Interview erklärt Geschäftsführer Johannes Ranscht (Bild), auf welche Kriterien Econeers Wert legt und wie die Unternehmen und Projekte ausgewählt werden, die sich der Crowd als nachhaltige Geldanlage präsentieren.

Johannes Ranscht, Geschäftsführer OneCrowd

Econeers: Hallo Johannes, herzlich willkommen zum Interview. Econeers ist eine von drei Marken der OneCrowd-Gruppe. Wie kam es dazu, dass neben Seedmatch, der Plattform für Unternehmens-Crowdinvesting, zwei Jahre später noch eine weitere Plattform ins Leben gerufen wurde?

Johannes Ranscht: Richtig, 2011 wurde Seedmatch als Plattform für Unternehmens-Crowdinvesting gegründet, 2013 dann Econeers für Crowdinvesting in nachhaltige Projekte und 2015 kam schließlich mit Mezzany eine dritte Plattform für Immobilien-Crowdinvesting hinzu. Als Deutschlands erste Plattform für Crowdinvesting hat Seedmatch die Investitionsmöglichkeiten in Startups und Wachstumsunternehmen demokratisiert. Econeers geht einen Schritt weiter und richtet sich an alle, die Wert auf eine sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvolle Form der Kapitalanlage legen. Wir bieten zukunftsträchtigen, grünen Projekten eine Plattform zur Finanzierung. Dadurch haben Anleger die Möglichkeit, an der Wertschöpfung umweltfreundlicher Energieerzeugung und nachhaltiger Wirtschaft teilzuhaben und festverzinste Investitionen mit finanzieller und gesellschaftlicher Rendite zu tätigen.

Econeers: Wie sind Crowdinvesting-Kampagnen für innovative Unternehmen, nachhaltige Projekte und Immobilien-Finanzierungen miteinander vereinbar?

Johannes Ranscht: Wie bereits angesprochen kommen alle drei Plattformen aus einer Hand – der OneCrowd-Gruppe. Für uns ist Nachhaltigkeit eine Unternehmensphilosophie. Auch wenn Nachhaltigkeit vor allem bei Econeers im Fokus steht, nehmen wir bei Seedmatch und Mezzany ebenfalls keine Unternehmen bzw. Immobilien auf die Plattform, die beispielsweise das Grundrecht verletzen, mit der Waffen- und Rüstungsindustrie in Zusammenhang stehen oder durch kontroverses Umweltverhalten gegen unsere Nachhaltigkeitskriterien verstoßen. Den gemeinsamen Nenner aller drei Plattformen bildet natürlich die Renditeaussicht, um Crowdinvesting weiterhin als attraktive alternative Geldanlage am Markt zu positionieren.

Econeers: Wofür steht der Name Econeers eigentlich?

Johannes Ranscht: Der Name Econeers setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen “Ecology” – zu deutsch “Ökologie” und “Pioneers” – also Pioniere. Wir sehen unsere Nutzer und Projekte als Pioniere, die gemeinsam nachhaltiges Handeln und Wirtschaften voranbringen.

Econeers: Du hast vorhin bereits das Thema “Nachhaltigkeitskriterien” angesprochen – wie werden die Projekte und Unternehmen ausgewählt, die über Econeers eine Kampagne starten?

Johannes Ranscht: Die Auswahl der Unternehmen und Projekte, die sich auf unserer Plattform den Investoren vorstellen können, unterliegt einem Kriterienkatalog, welcher unsere Werte und Ansprüche an nachhaltige und erfolgreiche Projekte und Unternehmen widerspiegelt. Dabei unterscheiden wir in positive Kriterien und sogenannte K.O.-Kriterien. Bei letzteren wird eine Zusammenarbeit sofort ausgeschlossen, wenn eines der Kriterien auf ein Projekt oder ein Unternehmen zutrifft. Die positiven Kriterien beziehen sich auf alle drei Ebenen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Für uns kommt also eine Zusammenarbeit nur in Frage, wenn die Projekte oder Unternehmen auf Energieversorgung durch regenerative Energien setzen, auf Energieeffizienz oder eine ressourcenschonende Betriebsführung achten, Emissionen vermeiden und/oder neben ihrem wirtschaftlichen Selbstzweck zusätzlich sozial handeln.

Econeers: Auf den ersten Blick kam in der Vergangenheit die soziale Ebene bei den ausgewählten Projekten zu kurz – ist das wirklich so?

Johannes Ranscht: Bei Econeers haben wir bisher zwei Schwerpunkte gehabt: erneuerbare Energien und nachhaltig angebaute und produzierte Lebensmittel. Abseits der beiden bisherigen Punkte sind jedoch auch viele andere Branchen denkbar, aus denen wir grüne Unternehmen finanzieren könnten. Wichtig ist jedoch, dass wir in erster Linie unseren Investorinnen und Investoren die Möglichkeit bieten wollen, vom wirtschaftlichen Potenzial grüner Geldanlagen zu profitieren. Daher muss das Zusammenspiel aus dem Erfüllen unserer Nachhaltigkeitskriterien und dem Renditepotenzial stimmen. Die Projekte und Unternehmen, die sich bei uns um ein Funding bewerben, werden deshalb von unseren Investment-Managern in einem mehrstufigen Prozess ausgewählt, ehe sie sich den Econeers vorstellen können.

Econeers: Welche ausgewählten Projekte waren bisher besonders erfolgreich?

Johannes Ranscht: Gleich zwei Solarparks des bekannten Projektentwicklers SUNfarming wurden bereits erfolgreich über Econeers finanziert. Allein dank der letzten Finanzierungsrunde im November 2017 können jährlich fast 1.800 Tonnen klimaschädliche CO2-Emissionen eingespart werden. Zudem hat das Solarunternehmen die Investments bereits vollständig zurückgezahlt und den Investoren damit eine attraktive Rendite beschert. Ein anderes Beispiel ist the nu company. Das Unternehmen produziert nachhaltige Schokoriegel sowie Proteinshakes in plastikfreien Verpackungen und unterstützt mit jedem verkauften Produkt ein Aufforstungsprojekt auf Madagaskar. Damit gelang dem Food-Startup eine der schnellsten Finanzierungsrunden seit Bestehen der Plattform. In weniger als einem Tag erreichte the nu company die Fundingschwelle und nur 11 Tage später sein Fundingziel von 500.000 Euro. Eine andere erfolgreiche Kampagne aus der Solarbranche ist Swimsol. Der Projektbetreiber hat mit der Crowdinvesting-Kampagne über Econeers ein Portfolio von drei Solaranlagen auf den Malediven finanziert. Dank der Investitionen der Crowd können ca. 580.000 Liter Diesel pro Jahr eingespart werden, die bisher zur Stromerzeugung auf den Malediven genutzt wurden.

Econeers: Was macht Econeers selbst für mehr Nachhaltigkeit?

Johannes Ranscht: Econeers hat seinen Sitz im schönen Dresden und da uns unsere Heimat sehr am Herzen liegt, haben wir im vergangenen Jahr im Namen von Econeers und Seedmatch 50 Bäume im Rahmen der Aktion “Mein Baum – mein Dresden” gestiftet. Wir haben auch das Glück, dass unser Büro direkt am Elberadweg liegt. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzen das und kommen mit dem Fahrrad auf Arbeit. In der Natur unserer Plattform liegt, dass wir nachhaltigen Unternehmen eine Bühne bieten – auch denen, die keine Kampagne über Econeers gestartet haben. Denn auf unserem Blog beleuchten wir regelmäßig Themen rund um Nachhaltigkeit und führen Interviews mit verschiedenen grünen Startups. Nachhaltigkeit ist bei uns nicht nur Teil der Unternehmensphilosophie, sondern spielt auch in unserem Büroalltag eine entscheidende Rolle. Wir arbeiten beispielsweise fast ausschließlich digital zusammen – man erschrickt eigentlich, wenn doch mal der Drucker anspringt. Zudem trinken wir aufgesprudeltes Leitungswasser, um Plastikflaschen zu vermeiden und kochen regelmäßig gemeinsam, statt jeder für sich.

Econeers: Was habt ihr bisher erreicht und wo seht ihr euch in 5 Jahren?

Johannes Ranscht: Inzwischen hat Econeers knapp 12.000 registrierte Nutzer, die bereits mehr als 17 Mio. Euro in nachhaltige Unternehmen und Projekte investiert haben. Damit konnten bereits rund 30 Projekte und Unternehmen erfolgreich finanziert werden. Doch darauf wollen wir uns nicht ausruhen. Vor kurzem ist mit Wertpapieren eine neue Anlageklasse auf Econeers an den Start gegangen. Auch zukünftig wollen wir unser Produktportfolio erweitern, um auf unserer Plattform grüne Crowdinvesting-Projekte und Anleger, die mit ihrem Kapital nicht nur Rendite erwirtschaften, sondern auch Nachhaltigkeit fördern wollen, zusammenzubringen. Unsere Vision ist eine Gesellschaft, in der die Ökologiewende von einer breiten Basis gelebt und mitgestaltet wird. Um das zu erreichen, wollen wir das Crowdinvesting nicht nur als attraktive Geldanlage positionieren, sondern auch als Möglichkeit, um gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu formen.

Econeers: Es bleibt also spannend. Vielen Dank für das Interview!

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