Eine Hommage an die Pellets: Warum das kleine Holzstäbchen nicht nur „grün“ ist

Die Pellets sind tot – hoch leben die Pellets. Die weltweite Ölkrise in den 70er Jahren war die Geburtsstunde der aus Sägemehl und Holzspänen gepressten kleinen Nuggets. Sie waren das perfekte Recycling, eine weitere Einnahmequelle für die holzverarbeitende Industrie und als Energieträger für Heizungen relativ günstig. Der weitere Vorteil: Man war nicht von internationalen Embargos, Machtkämpfen, Kriegen oder sonstigen Einflüssen des internationalen Ölmarktes abhängig. Solange es heimische Wälder zum Wirtschaften gab, konnte man Pellets pressen – wo gehobelt wird fallen schließlich auch Späne. Nach dem Boom der Pelletheizungen in den 2000er Jahren geriet der Rohstoff etwas ins Abseits – und das trotz neuem Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein und dem Fokus auf “grüne” und effiziente Technologien. Mittlerweile erlebt er seine Renaissance – denn „völlig unerwartet“ ist auch das viel genutzte Erdgas nicht marktunabhängig von den politischen Entwicklungen. Doch nicht jeder heizt nur mit den preisstabilen kleinen Stäbchen…

Mit der Einführung der Holzpellets als zugelassener Brennstoff in Deutschland 1996 erlebte Holz als Rohstoff hierzulande seine Renaissance. Wer nachhaltig und günstig heizen wollte, tauschte seine Ölheizung zugunsten eines Pelletofens. Es schien die durchaus natürlichere und archaische Art zu sein, für eine warme Stube zu sorgen. Viele erinnerten sich noch, als Großmutter mit kleinen Scheiten den Herd befeuerte oder Großvater sich nachts um vier aus dem Bett zum Ofen schälte, damit es die Familie zum Frühstück warm hatte. Mit Pellets zu heizen, war ein Stück Kindheitsmoment – nur ohne das zeitige Aufstehen oder die kalten Beine frühmorgens, falls der Wecker doch überhört wurde. Kleine Schnecken sorgten für das kontinuierliche Heizen auch ohne menschliches Zutun. Neue effiziente Heizungstechnologien sowie Fracking und damit einhergehend der Überhang an Erdgas und niedrige Preise lösten den Boom der Pelletheizung ab. Doch beständig ist die Veränderung – die Pellets erleben wieder neuen Zuspruch. Doch nicht immer werden sie zum Heizen verwendet.

Der Ökotrend als auch das sogenannte Greenwashing vieler Unternehmen führte zu interessanten Produktneuschöpfungen sowie auch zum Einsatz bekannter Artikel in gänzlich neuem Kontext. Auch die Pellets konnten eine neue Zielgruppe für sich gewinnen: Die umweltbewussten Herrchen und Frauchen von domestizierten Wohnungs-Vierbeinern. Wen wundert es: Pellets als Einstreu in Katzenklos und Nagetierkäfigen sind saugstark, frei von Chemikalien, eine natürlich Geruchs- und Bakterienfalle, wirken desinfizierend und sind leicht sowie kompostierbar. Ein Gewinn für Mensch und Tier – und vor allem für die Industrie im Heimtierbedarfsmarkt. Für das weit über 10-fache zum Einkaufspreis können sie die recht schlichten Holzpellets als alternative und ökologisch nachhaltige Wunderwaffe gegen den Amoniakgeruch von Mausi und Miez neu vermarkten und hohe Margen abfassen.

Wer ein Fan von größeren Tieren wie Schwein und Rind ist, sie allerdings in Form von Steaks und Grillwürsten bevorzugt, greift mittlerweile auch auf Pellets zurück. Als Ersatz für Gas oder Briketts vereinen die kleinen Presslinge beste Eigenschaften für den perfekten Grillgenuss. Sie bieten einen hohen Brennwert und eine gleichmäßige Glut und Temperaturzufuhr. Das Beste daran: Beim Grillen, Räuchern oder Backen entsteht mit den Pellets ebenso das unverwechselbare Holzaroma, welches für Kenner und Gourmets unverzichtbar ist. Finanziell haben die kleinen Holzstäbchen die Argumente auf ihrer Seite. Sie sind deutlich günstiger als Holzkohle oder Briketts.

Zwar als Marketingkampagne gedacht aber dennoch interessant, kommen die Pellets auch als Möbel und Gestaltungselement im Interior Design zum Einsatz. So wollte ein Pellet-Hersteller sein Produkt in gänzlich neuem Kontext darstellen und baute eine Wohnlandschaft mit Pellets auf. So entstanden ganze Möbel, Bilder, Vasen und andere Dekorationselemente. Ein charmanter PR-Gag, den Interessierte sich auch bei Youtube anschauen können. Eine Adaption der DIY-und Upcycling-Fangemeinde ist nicht auszuschließen.

Überdurchschnittliche Marktentwicklung für Pellets

Natürlich liegt es nicht ausschließlich an den unkonventionellen Einsatzmöglichkeiten der kleinen Presslinge, aber der Markt für Pellets boomt. Laut einer Studie von Pöyry, einem internationalen Consulting- und Engeneering-Unternehmen verdoppelt sich zwischen 2010 und 2020 der Pellet-Absatz in Europa. Demnach soll in Westeuropa die Nachfrage von 10,8 Millionen Tonnen auf 23,8 Millionen Tonnen steigen. Der Zukunftsmarkt deutet sich allerdings in Asien an. Von marginalen 0,5 Millionen Tonnen p. a. in China sowie 0,2 Millionen Tonnen p. a. in Japan und Korea prognostiziert Pöyry einen Verbrauch von 10 Millionen Tonnen bzw. 5,5 Millionen Tonnen in 2020. Auch wenn der asiatische Markt damit hinter dem europäischen Verbrauch zurückliegt – er wächst um das 2000fache. In Russland, Australien, Amerika und Osteuropa entwickelt sich der Pelletmarkt ebenfalls positiv.

Binnen zehn Jahre haben die kleinen Presslinge aus Holz eine fantastische Entwicklung hingelegt: Sie erobern sich nicht nur international ihren Platz im Wärmesegment zurück, sie können ihn deutlich ausbauen und scheinbar nebenbei noch ganz fremde Absatzmärkte erobern. Mit nur einem Produkt, einem schlichten Recycling von Abfallprodukten wie Sägemehl und Holzspänen ist es möglich, nachhaltig und günstig zu heizen, zu grillen, zu wohnen als auch seinen Haustieren eine gesunde Umgebung herzurichten. Und wer weiß, welches Potential noch so in einem Pellet schlummert.

[button]Hier geht’s zum Pellet-Funding[/button]

Foto: Thorben Wengert/pixelio.de

5 Comments

  1. S. B.
    1. April 2017

    Leider reicht der Abfall der Holzindustrie nicht aus, um die Pelletnachfrage zu decken. So gibt es Raubbau an Wäldern vor allem in Osteuropa…das ganze hat schon dramatische Ausmaße. Grün, umweltschonend und vor allem nachwachsend ist hier gar nichts mehr.

    Antworten
    1. C.H.
      6. Mai 2017

      …wie wahr, wie wahr – siehe die angehängte Grafik, diese ist zwar von 2013, im Text werden aber die enormen Steigerungsraten der Produktionszahlen besonders in USA und Kanada ersichtlich… in USA geht man zunehmend den Mangroven an den Kragen, in Kanada den dortigen Urwäldern. Aber das wird hierzulande alles tot geschwiegen, Hauptsache „grün“ 🙁

      Antworten
  2. Frank Hasdorf
    6. Mai 2017

    Es ist richtig, dass es in Osteuropa Raubbau an Wäldern gibt bzw. gab. Dieser Raubbau wird inzwischen auch in Osteuropa zunehmend eingeschränkt und illegale Rodungen bekämpft. Alles das steht Jedoch tatsächlich in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Pelletsproduktion. Insbesondere für die in Österreich produzierten Pellets gilt, dass diese aus Abfällen der Holzindustrie (Sägespäne, Hobelspäne) hergestellt werden und aus Stämmen, die ohnehin dem Wald entnommen werden. In Österreich wachsen immer noch mehr Bäume nach, als den Wäldern entnommen werden. Für die Pelletproduktion stirbt also kein zusätzlicher Baum. Die Holzwirtschaft in Österreich ist aus diesem Gesichtspunkt in jeder Hinsicht nachhaltig.

    Antworten
    1. Alfred Schmidt
      30. Mai 2017

      Sehr geehrter Herr Hasdorf,

      vielen Dank für Ihren Kommentar mit dem Versuch zur Rechtfertigung der Pelletsproduktion, die allerdings zu kurz greift und sich aus den Ressourcen des kleinen Österreich ableiten soll!?
      Ich beschränke mich auf den europäischen Raum und kann sagen, dass die Kontrollen in Osteuropa so durchgreifend wie bei der dortigen Kriminalität sind! Nehmen wir weiter einmal an, Ihre Aussage dazu wäre Fakt und dieser sehr große Holzanteil würde hier fehlen, könnten Sie sich den Preisanstieg der Pellets für den vorhandenen Markt vorstellen und dabei auch noch die Sinnhaftigkeit einer solchen Holzheizung ausmalen? Ich bleibe dabei, dass diese Art der Energienutzung nicht umweltfreundlich und nachhaltig sowie ein mittelfristiges Auslaufmodell darstellt!

      Antworten
  3. Rolf Carstensen
    1. August 2017

    Weil ich ein überzeugter Verfechter von Pelletheizungen bin, habe ich mich damit beschäftigt, wie man einen Heizkessel baut der als Kompaktkessel in den kleinsten Raum eines Einfamilienhauses paßt und dort mit geringstem Aufwand einen alten Ölkessel ersetzt. Das geht alles ganz leicht und schnell weil die Kesselmaße faßt gleich sind und der neue Kessel im eingemessenen Zustand angeliefert wird. Also die Alternative ist da und das zu einem vernünftigen Preis.
    Und genau das ist auch einer der Gründe warum der Pelletkessel sich so schwer getan hat. Der Preis für den Kesseltausch im Einfamilienhaus lagen bei 22.000.- Euro und mehr. Dabei waren die Anlagen so groß und aufwändig, daß sie nicht im Haus aufgestellt werden konnten, so daß noch zusätzlich Raum geschaffen werden mußte. Und wer tut sich das schon an. Das braucht kein Mensch. Als Hausbesitzer möchte man sich doch auf die neue Heizung freuen und nicht nur an seine neuen Schulden denken. Dieser Kessel hat sich nach ca. 7 Jahren amortisiert.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to top