Einfach umlegen – EEG-Reform ohne Sinn und Verstand

Manche politischen Entscheidungen sind so unverständlich, dass sie nur Kopfschütteln hervorrufen. Die heute bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung zum Eigenverbrauch von Ökostrom gehören sicher dazu.

Nach Informationen der FAZ  sollen in Zukunft alle Eigenheimbesitzer und Unternehmen, die ihren Strom selbst mit Wind, Sonne oder Biomasse produzieren und verbrauchen, mit einer Abgabe von 40 Prozent der EEG-Umlage belastet werden – Braunkohletagebaue bezahlen weiterhin keinen Cent. Das ist in etwa so, als müsste man eine Abgabe für Äpfel aus dem eigenen Garten bezahlen, meint der Geschäftsführer von DZ4, Deutschlands erstem dezentralen Stromversorger. Ein Gastkommentar von Florian Berghausen:

Wäre es nicht sinnvoll, künftig Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten mit einer Solidaritätsabgabe zu belegen? Schließlich kaufen die Hobbygärtner im Winter ihr Obst doch wieder im Supermarkt und im Sommer entgeht den Gemüsehändlern eine Einnahme. Eventuell muss während der Erntezeit der Tomatenzüchter sogar überschüssige vorgehaltene Ware vernichtet werden.

Wäre es nicht gerecht, von Fahrradfahrern in den Großstädten eine Umlage für den öffentlichen Personennahverkehr einzuziehen? Denn schließlich fahren sie bei schlechtem Wetter ja doch mit dem Bus. Und der Bus muss auch an sonnigen Tagen seinen Fahrplan einhalten und kostet viel Geld, wenn er leer fährt.

Und sollte nicht der gut gelaunte Zeitgenosse, der arglos beim Spaziergang eine Melodie trällert, mit einer Gema-Gebühr belegt werden? Ist es nicht ungerecht, dass ich als Passant dieses Werk kostenfrei genieße, während die Musikindustrie leer ausgeht?

Unser Leben ist voll von solchen Ungerechtigkeiten, die nur schwer zu ertragen sind. Dabei ließe sich doch alles so einfach regeln: Über umverteilende Maßnahmen des Staates, der doch schließlich in so vielen Bereichen für Gerechtigkeit sorgt.

Spaß beiseite. Würde eine solche Diskussion nicht in der Realität gerade in Deutschland geführt, könnte man über diese drei Beispiele herzhaft lachen. Umso schwerer ist es zu verstehen, dass genau diese Diskussion gerade in Bezug auf Strom geführt wird. Selbst erzeugter Strom vom eigenen Dach, der direkt vor Ort auch verbraucht wird und in seinem kurzen Leben nie ein öffentliches Stromnetz gesehen hat, soll künftig mit einer Umlage belastet werden, als Ausgleich für…. ja, für was eigentlich? Das ist nicht zu ergründen und logisch schon gar nicht zu erklären. Streng genommen müssten künftig auch Besitzer solarbetriebener Taschenrechner, Uhren und Taschenlampen eine solche Umlage abführen. Wie werden Stromproduktion und -verbrauch in diesem Fall eigentlich ermittelt und abgerechnet?

Die Belastung des sogenannten Eigenverbrauchs ist ein Irrsinn, der im Augenblick durch die Politik geistert und als irgendwie gearteter Fortschritt bei der EEG-Novellierung bezeichnet wird. Dabei ist sie genau das Gegenteil. Insbesondere die Belastung von Strom aus erneuerbaren Energien mit der EEG-Umlage bei gleichzeitigen Ausnahmeregelungen für Industrie und fossil-atomare Energiewirtschaft (Beispiel: der Eigenverbrauch von Braunkohlebaggern) pervertiert das System und ist ein großer Rückschritt auf dem Weg in eine sinnvolle Energieversorgung. Eigenverbrauch entlastet die Netze und kann im Sinne der Energiewende als dezentrale Bewegung in Bürgerhand nur politisch gewollt sein. In Kombination mit lokalen Speichern umso mehr. Nun gibt es neue Vorschläge, die diese „Sonnensteuer“ selbst für kleinste Anlagen fordert. Dass Erfassung, Abrechnung und vermeintlicher Nutzen in keinem Verhältnis stehen, ist irrelevant. Es scheint der verkrüppelte Auswuchs eines Kompromisses zwischen zwischen Lobby-Interessen sein, für den Kuhhandel noch eine milde Bezeichnung ist. Mit sinnvoller Politikgestaltung und Überblick hat die ganze Debatte jedenfalls nichts mehr zu tun.

Der einzige sinnvolle Ausweg aus dieser Sackgasse bleiben die Mini AKWs:

3 Comments

  1. Barbara Bruhn
    13. Juni 2014

    Welche Lobby hat bei den Plänen zur „Reform“ der EEG – Abgabe zu Lasten der Selbstversorger ihre Hand im Spiel? Mit der offiziellen Energiewendepolitik hat das jedenfalls nichts zu tun! Man kann nur hoffen, dass möglichst viele Bundestagsabgeordnete und/oder weitere politisch Aktive solche Beiträge lesen, sich zu eigen machen und dann in ihrem Bereich tätig werden, um so einen Unsinn zu verhindern.

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  2. Wehrwolf
    14. Juni 2014

    Ich vermisse hier nur noch die CO2-Abgabe auf die eigenverbrauchte Atemluft.

    Kurz vor der französischen Revolution hatte Ludwig XVI neue Steuern ersonnen, die ebenso schwer vermittelbar waren w.z.B. die Steuer auf jedes vierte Rad am Wagen, um die amerikanischen Befreiungsarmeen gegen den Kolonialerzrivalen England und seinen üppigen Hofstaat zu finanzieren, woraufhin mehr dreirädrige Gefährte bald den Verkehr bereicherten. Die Unterstützung der amerikanischen Revolte und der Freiheitsidee dahinter wurde für ihn allerdings zum Boomerang.

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  3. EU-Regulierungswut: Nun geht es Kaffeemaschinen an den Kragen
    2. Juli 2014

    […] Die ganze Angelegenheit mit der Regulierung wird völlig ad absurdum geführt, wenn man sieht wie EU-Beamte und unsere Bundesregierung gegeneinander arbeiten. Auf der einen Seite versucht die EU den Stromverbrauch einzudämmen, auf der anderen Seite will unsere Bundesregierung private Haushalte mit Umlagen bestrafen, wenn sie sich für die Energiewende engagieren und selbst Strom produzieren. Siehe Artikel auf econeers.de. […]

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