Nachhaltig: So helfen junge Unternehmen, Kunststoffmüll zu reduzieren – Teil 1

Es waren gleich zwei Nachrichten zum gleichen Thema, die vor wenigen Wochen direkt aufeinander folgend die Schlagzeilen bestimmten – und wie es häufig so ist: Eine davon war gut, die andere schlecht. Beide drehten sich um den überbordenden Einsatz von Kunststoffmaterialien und die Folgen für Natur und Mensch. Am 23. Oktober wurde bekannt, dass österreichische Forscher erstmals Mikroplastik im menschlichen Körper nachgewiesen haben. Bei allen acht Probanden, die auf unterschiedlichen Kontinenten leben und verschiedenen Ernährungskonzepten folgen, wurden kleinste Plastikpartikel im Darminhalt gefunden. Ein nachdenklich stimmendes, in Anbetracht von in Plastik verpackten Lebensmitteln, Getränken aus Plastikflaschen und Mikroplastik-Teilchen in Zahnpasta, Duschgel & Co. jedoch kaum überraschendes Ergebnis. Über die gesundheitlichen Folgen von Mikroplastik im menschlichen Körper ist noch nichts bekannt, doch Studien bei Tieren weisen bereits darauf hin, dass es durch die Kleinstpartikel zu Schädigungen des Magen-Darm-Trakts kommen kann. Befragungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigen, dass sich mittlerweile die Hälfte der befragten Bürger besorgt angesichts einer möglichen Aufnahme von Mikroplastik über Nahrung und Kosmetika zeigt.

Nur einen Tag später, am 24. Oktober, setzte das Europa-Parlament ein deutliches Zeichen gegen Plastikmüll: Die Abgeordneten stimmten für ein Verbot von Einweg-Plastikartikeln wie z. B. Plastiktellern, Plastikbesteck, mit Plastik beschichteten Bechern etwa für den Coffee-to-go, Strohhalmen und Rührstäbchen. Ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung angesichts von sage und schreibe 30 Millionen Tonnen Plastik, die Jahr für Jahr in den Weltmeeren landen, sowie einem gigantischen Teppich aus 140 Millionen Tonnen Plastikmüll, der in riesigen Müllstrudeln auf den Ozeanen treibt. Der Haken an den Plänen der EU: Es wird noch eine ganze Weile dauern, bevor sie ihre Wirkung entfalten, denn zunächst müssen nun die Umweltminister aller Mitgliedsländer über das Verbot beraten und sich anschließend mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament einigen. Ein Inkrafttreten des Verbots ist erst für das Jahr 2021 geplant.

Ökologische Alternativen zu Einwegprodukten

220 Kilogramm Plastikmüll produziert jeder Deutsche pro Jahr – ein trauriger Rekord in Europa. Die beiden Hauptursachen für den wachsenden Plastikmüllberg hierzulande sind Experten zufolge der verpackungsintensive Online-Handel sowie der To-go-Konsum, also Sandwiches, Salate, Getränke & Co. in der Wegwerfverpackung zum Mitnehmen. Angesichts dieser Zahlen wollen junge Unternehmen nicht warten, bis die Regelungen der Volksvertreter Erfolge zeitigen. Mit ihren innovativen Lösungen schaffen sie ökologische Alternativen zu Wegwerfartikeln – gerade angesichts des geplanten EU-weiten Verbots ein vielversprechendes und lukratives Geschäftsmodell.

Bereits ausführlicher im Blog-Interview vorgestellt haben wir das Startup RECUP, das ein Pfandsystem für Kaffeebecher in Deutschland etabliert hat und so endlich Coffee-to-go-Genuss und ein gutes Gewissen verbindet. Während die üblichen Pappbecher mit Plastikdeckel bisher in der Regel sorglos im Müll landen und anschließend nicht recycelt, sondern einfach verbrannt werden, kann man den RECUP-Becher einfach bei nächster Gelegenheit in einem der Partner-Cafés abgeben. Dort wird der Becher gereinigt und bei der nächsten Bestellung wiederverwendet. Interessant dabei: Das Unternehmen hat sich bewusst dafür entschieden, seine Becher aus Kunststoff zu fertigen – ein Widerspruch? Für RECUP-Gründer Florian Pachaly ist es aktuell die beste Alternative, denn die schadstofffreien, lebensmittelechten Becher werden in Deutschland produziert, sind besonders langlebig und können nach über 500 Einsätzen komplett recycelt werden. Dennoch ist man bei RECUP offen für Alternativen, etwa aus Biokunststoff oder Bambus, sobald diese insgesamt ökologischer produziert und wiederverwertet werden können als die Kunststoffbecher.

Im Gegensatz zu den RECUP-Bechern müssen die Strohhalme des Startups EatApple überhaupt nicht entsorgt werden – man kann sie einfach aufessen. Die Trinkröhrchen, die bereits in diversen Szenebars im Einsatz sind, bestehen aus Apfeltrester, einem Rohstoff, der bei der Apfelsaft-Herstellung übrig bleibt. Gepresst und in Röhrenform gebracht, lassen wir uns daraus zukünftig hoffentlich vielerorts unsere Cocktails schmecken, bevor wir anschließend den Strohhalm selbst vernaschen und so noch Vitamine zu uns nehmen. Wiederverwendbar ist der Halm, den es in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt, jedoch leider noch nicht, denn im Getränk bleibt er nur bis zu 60 Minuten lang stabil. Daran, diesen Wert weiter nach oben zu treiben, arbeitet das Unternehmen jedoch aktuell.

Die ausgewählten Beispiele zeigen: Aus Sicht vieler Startups kann das EU-weite Verbot von Einwegartikeln kommen – sie sind vorbereitet. Wir hoffen, dass ihre innovativen Ideen schon bald breiten Einsatz in der Wirtschaft sowie Anklang bei Verbrauchern finden und einen großen Beitrag dazu leisten, dass wir alle unseren Plastikkonsum stark einschränken.

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